In unserem Interview dreht sich alles um Michael Brandtners Buch „Siegermarken: Die 10 ultimativen Denkmuster zum Marken- und Unternehmenserfolg“. Seit 1996 berät Brandtner nationale und internationale Klienten bei der strategischen Ausrichtung von Marken und Unternehmen und hat mit über 50 verschiedenen Branchen gearbeitet. In seinem Buch präsentiert er wertvolle Erkenntnisse darüber, was starke Marken ausmacht und wie Unternehmen durch kluge Positionierung langfristigen Erfolg sichern können. Brandtner teilt praxisnahe Beispiele von globalen Marken wie Red Bull, Apple und McDonald’s und zeigt auf, wie auch kleinere Unternehmen diese Erfolgsstrategien anwenden können.
Wie kann dieses Buch Unternehmen helfen, ihre Marke einzigartig zu machen?
Michael Brandtner: Viele Unternehmer und Manager studieren heute den Erfolg anderer Marken, um daraus zu lernen. Entscheidend dabei ist aber, dass man das Denk- und damit das Erfolgsmuster hinter diesen Marken versteht. Genau darum geht es in diesem Buch. Es geht nicht darum, wie man erfolgreiche Marken kopiert, sondern darum, was man von diesen wirklich für den eigenen Erfolg konzeptionell lernen kann. Heißt aber auch: Wer den Erfolg einer Marke wirklich verstehen will, muss deren Geschichte im Detail und zudem im jeweiligen Wettbewerbs- und Kundenkontext studieren und verstehen.
Welche Vorteile bringt eine starke Markenpositionierung, wie sie im Buch beschrieben wird?
Michael Brandtner: Sie denken heute Elektroauto. Sie denken an Tesla. Sie denken Suche im Internet. Sie denken Google. Sie denken Energydrink. Sie denken Red Bull. Sie denken KI. Sie denken ChatGPT. Sie denken Fernbus. Sie denken Flixbus. Sie denken King of Rock’n’Roll. Sie denken immer noch Elvis Presley. Sie denken Streetart. Sie denken Banksy.
Marken mit starken Positionen besitzen ihren Markt im wahrsten Sinne des Wortes, werden so als erste Wahl wahrgenommen und verweisen damit auch den Rest des Feldes auf die Plätze. Zudem können sie so auch in der Regel höhere Preise am Markt durchsetzen. Das gilt sowohl für B2C als auch für B2B. Starke Marken sind daher echte Wertschöpfungsfaktoren für Unternehmen, die sich in Umsatz und Gewinn widerspiegeln.
Was können Unternehmen von erfolgreichen Marken wie Red Bull oder Apple für ihr eigenes Unternehmen lernen?
Michael Brandtner: Wer heute an Red Bull aus Markensicht denkt, denkt gerne an den Markennamen, das Design, das Logo, den Slogan, das Sponsoring und natürlich auch an die Werbelinie. Die wahre Genialität aber hinter dem Erfolg von Red Bull ist, dass Dietrich Mateschitz eine neue Kategorie schuf, nämlich den ersten Energydrink. Genau das ist das Erfolgsmuster hinter vielen großen Marken- und Markterfolgen. Heißt: Wenn Sie heute eine neue Marke bauen möchten, sollten Sie zuerst Kategorie und erst dann Markenname denken. Das Gleiche gilt für Apple und Steve Jobs. Steve lancierte den ersten MP3-Player mit Harddisc (iPod), das erste Nur-Touchscreen-Smartphone (iPhone) und das erste Nur-Touchscreen-Tablet (iPad). Zusammen mit iTunes machte er Apple so zum wertvollsten Unternehmen und zur wertvollsten Marke der Welt. Nicht schlecht für ein Unternehmen, das in den 1990er Jahren massiv in der Krise war.
Aber genau dieses Erfolgsmuster “zuerst Kategorie, dann Marke” wird zur Erfolgsstrategie Nr. 1 im Wettbewerb des 21. Jahrhunderts werden. Das gilt vor allem auch für Start-up-Unternehmen. Dazu bringe ich im Buch Beispiele wie etwa Loxone bei Smarthomes, On bei Laufschuhen oder aktuell auch Löwenanteil bei proteinreichen Fertiggerichten. Oder nehmen Sie Nike! Die Durchbruchsidee von Nike war nicht „Just do it”, sondern der erste Schuh mit Waffelsohle. Damit schuf man eine neue Kategorie von Sportschuhen in einer Welt der Sneakers. Das war 1971. Der Slogan “Just do it” folgte erst Ende der 1980er Jahre.
Warum ist es für Unternehmen wichtig, die eigene Marke zu einer „Siegermarke“ zu entwickeln? Was genau ist eine Siegermarke?
Michael Brandtner: Lassen Sie mich zuerst einmal die zweite Frage beantworten. Eine Siegermarke ist eine Marke, die einen spezifischen Markt zuerst mental und dann tatsächlich dauerhaft dominiert. Viele denken wahrscheinlich jetzt unbewusst nur an die ganz großen Marken. Aber das greift viel zu kurz. Nur zwei Beispiele dazu: (1) Wenn man global an Ketchup denkt, denkt man an Heinz. In Österreich besitzt diese Position aber Felix. (2) Oder nehmen Sie Brillen. In Deutschland ist Brille gleich Fielmann. In Österreich ist Brille Fielmann, Hartlauer oder Wutscher. In meinem Heimatbezirk Rohrbach in Oberösterreich ist Brille aber Laher. Laher ist hier der führende Optiker.
Entscheidend für eine Siegermarke ist wirklich, dass man einen Markt, egal ob global, national oder auch nur regional zuerst mental und dann tatsächlich dominiert. Dasselbe gilt natürlich auch für B2B-Marken. Rosenbauer steht für Feuerwehrautos, Engel für Spritzgussmaschinen oder Palfinger für LKW- und Schiffskräne, Microtec für Woodscanning oder Winterhalter für gewerbliche Spülmaschinen.
Damit kann man auch die erste Frage beantworten. Wenn man die eigene Marke zur Siegermarke macht, besitzt man eine Art “mentale Wunderwaffe” im Wettbewerb, deren Besitz und Wert man nicht hoch genug einschätzen kann. Es gibt weltweit tausende Energydrinks, die gerne wie Red Bull wären, aber es gibt nur ein Red Bull in unseren Köpfen.
Das heißt: Man kann so gut wie alles von Red Bull kopieren. Nur diese mentale Führungsposition kann man Red Bull nicht wegnehmen. Diese Erfahrung musste auch der Gigant Coca-Cola Company machen, egal ob man es mit KMX, Burn oder sogar Coca-Cola Energy versuchte.
Wie kann das Buch Ihnen helfen, Ihre Marke dauerhaft in den Köpfen der Kunden zu verankern?
Michael Brandtner: Wenn Sie heute eine starke Marke bauen möchten, dann sollten Sie diesen Prozess in der Wahrnehmung der Kunden starten. Dabei muss ein Marktführer anders denken und handeln als ein Nicht-Marktführer. Genau hier gibt dieses Buch jeweils eine detaillierte Anleitung, was wer warum tun sollte.
Ein starker Marktführer etwa sollte immer sicherstellen, dass er auch von den heutigen und zukünftigen Zielgruppen als solcher wahrgenommen wird. Zudem ist der Marktführer der einzige Marktteilnehmer, der aktiv für den Markt eintreten sollte, um diesen größer, relevanter und wichtiger zu machen. Nur für McDonald’s macht es Sinn, dass man für mehr Hamburger-Konsum wirbt. Burger King als Herausforderer muss sich viel mehr Gedanken machen, wie man sich von McDonald’s positiv differenziert.
Dazu haben Nicht-Marktführer drei Möglichkeiten: (1) Man lanciert a la Red Bull eine neue Kategorie. Bei Hamburgern macht dies aktuell Swing Kitchen mit dem Fokus auf “vegane Burger”. Swing Kitchen ist so die erste rein vegane Burgerkette in Österreich. (2) Man macht das Gegenteil des Marktführers. Früher stand ein Mercedes-Benz unangefochten für Prestige und Fahrkomfort. Was ist das positive Gegenteil von Fahrkomfort? Antwort: Fahrfreude. Genau das wurde zur Erfolgsposition von BMW. BMW wurde so zum Herausforderer Nr. 1 von Mercedes und zu einer wertvollsten Automarken dieser Erde. (3) Man fokussiert die eigene Marke auf eine Nische. Das ist etwa die Erfolgsstrategie der vielen Hidden Champions. Hier gilt: Je größer der angestrebte Markt ist, desto enger sollte der gewählte Fokus sein.
Zotter steht so etwa nicht für Schokolade, sondern sehr erfolgreich für handgeschöpfte Schokoladekreationen. Hier macht das Wort “handgeschöpft” dauerhaft den großen Unterschied.
Weshalb sollten Unternehmer Ihr Buch lesen? Was unterscheidet es von anderen Marketingbüchern?
Michael Brandtner: Der rote Faden in diesem Buch – und das ist auch der große Unterschied zu anderen Management- und Marketingbüchern – ist der mentale Kontext. Das bedeutet aber auch: Wenn man über die Zukunft und Positionierung der eigenen Marke nachdenkt, sollte man nie mit dieser alleine isoliert starten. Man sollte immer mit dem mentalen Kontext starten, in dem sich die Marke bewegt. Genau deshalb muss – wie bereits erwähnt – ein Marktführer anders denken und handeln als ein Herausforderer, Mitläufer oder ein Start-up. Aber das gilt nicht nur für die Strategie, sondern auch für die Umsetzung.
Speziell Start-up-Unternehmen sollten immer auf einen durchdachten Wachstumsplan achten, um sich von einer mentalen Marktführerschaft zur nächsten größeren zu bewegen. Mein Lieblingsbeispiel dafür ist Facebook. So war Facebook zuerst die Nr. 1 in Harvard, dann in der Ivy League, dann generell an Universitäten und dann weltweit. Heißt aber auch: Wer heute bei der strategischen Ausrichtung nur die harten Zahlen, Daten und Fakten im Kopf hat, könnte eine böse Überraschung erleben. Denn letztendlich wird über den Erfolg nur und nur in den Köpfen der Kunden entschieden. Nur dort wird entschieden, was, wann, wo und wie oft gekauft wird. Nirgendwo sonst! Und genau darum geht es in meinem Buch „Siegermarken“. Es fasst meine Erfahrungen aus über 30 Jahren Marken- und Strategieberatung für nationale und internationale Unternehmen zusammen, vom Start-up über KMUs bis hin zum Konzern.
Herzlichen Dank für dieses tolle Gespräch, Herr Brandtner.
Mehr vom Autor auf seinem lesenswerten Blog: Brandtner on Branding | Michael Brandtner – Focusing Consultant
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