In den letzten beiden Kolumnen ging es darum, einen beruflichen Neuanfang mit Ende 30 zu beginnen, Anzeichen für den richtigen Zeitpunkt zu erkennen und vor allem um die richtigen Strategien, damit dieser Neustart einerseits erfolgreich ist und andererseits durchgezogen wird. Ich selbst muss zugeben, dass ich mir das leichter vorgestellt hatte, denn trotz entsprechender Vorbereitung und Aufarbeitung fällt es mir bis heute schwer, den alten Rhythmus loszulassen. Irgendwie hält man doch länger daran fest, als man sollte. Und das ist auch nachvollziehbar. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und die meisten Menschen brauchen Struktur und in gewisser Weise auch Routinen. Viele würden sagen, dass dem nicht so ist. Wenn man nur die großen Dinge betrachtet, dann mag das auch stimmen, aber all jene, die meinen, sie brauchen keine Routine, möchte ich folgenden Impuls geben: Trinkt ihr jeden Morgen euren Kaffee? Trinkt ihr ihn immer gleich? Fahrt ihr die gleichen Strecken zur Arbeit bzw. Tätigkeit und seid ihr euch dessen bewusst, was unterwegs passiert, oder fahrt ihr automatisch ans Ziel? Sitzt ihr in den öffentlichen Verkehrsmitteln am selben Platz? Habt ihr, falls ihr ins Fitnessstudio geht, immer das gleiche Ritual? Ich bin mir sicher, ja.
Exkurs – Alles beginnt im Kopf
Die Menschen lieben Strukturen und Rituale, weil unser Gehirn so funktioniert. Täglich prasseln Millionen an Informationen auf uns herein. Dadurch selektiert das Gehirn die Informationen und filtert alles aus, was nicht notwendig ist. Sonst wäre eine Autofahrt schlicht nicht möglich, da es eine totale Informations- und Reizüberflutung für unser Gehirn wäre. Diese Funktionsweise nennt man „selektive Wahrnehmung“. Das Bild, das sich jemand von der ihn umgebenden Wirklichkeit macht, ist deshalb stets eine individuelle Variante der Realität (Quelle: Selektive Wahrnehmung – Wikipedia). Eine Grundlage, Informationen auszufiltern, ist auch die Fähigkeit des Gehirns, Muster zu erkennen. Diese Muster finden sich überall und wir passen uns dementsprechend an. Worauf ich hinaus will, ist, dass diese Muster antrainiert sind. Über Jahre haben sie sich in uns eingebrannt, eingraviert, immer tiefer. Das ist der Grund, warum uns eine Änderung so schwer fällt. Diese Muster müssen erst durchbrochen werden, sowohl im Denkprozess als auch im Handlungsprozess. Für mich persönlich ist es extrem schwer, den alten Job loszulassen, obwohl ich, rational betrachtet, nichts finde, was mir an diesem noch gefällt. Es war doch schließlich der Grund, mich zu verändern, da es mich einfach nicht mehr erfüllte. Bei genauerem Hinsehen fällt mir allerdings auf, dass es nicht die Tätigkeit an sich ist, die ich nicht loslassen kann, sondern das dahinterliegende Muster, nämlich jeden Tag leistungsfähig zu sein, zu schöpfen und zu arbeiten, Mehrwert zu schaffen und die Produktivität zu erhöhen. Einfach, weil ich das sechzehn Jahre lang tun musste, um mitzuhalten.
Loslassen bedeutet neue Muster zu schreiben bedeutet Geduld
Um im neuen Lebensweg anzukommen, muss ich loslassen. Das habe ich bereits in den vorhergehenden Kolumnen geschrieben. Ich möchte den Begriff Loslassen nun durch Muster ersetzen. Es müssen neue Muster geschrieben werden. Das bedeutet aber, dass es einfach Zeit braucht, bis diese Muster auch tief genug sind, dass sie die alten überschreiben. Ich stelle mir das wie einen ausgetretenen Pfad vor. Anfangs, wenn man ihn verlässt, merkt man nicht wirklich, dass man eine neue Spur hinterlässt. Wenn man dies aber täglich wiederholt, dann wird der alte, ausgetretene Pfad irgendwann von der Natur zurückerobert und der neue Weg sichtbar, weil man ihn immer weiter austritt. Für mich ist das nicht so leicht, da ich zwar ein ausdauernder, aber ungeduldiger Mensch bin. Ich muss Ergebnisse schnell sehen. In diesem Zusammenhang ist es gut, wenn man sich einen Ausgleich schafft, der einen etwas ablenkt, oder besser gesagt mit Glückshormonen flutet.
Rockkonzert und Dopamin
Und wie gut das geht, habe ich vor zwei Wochen bei einem Rockkonzert von Danko Jones erlebt. Ich besuche Konzerte eigentlich nicht so gerne. Laute Musik stresst mich und daher lasse ich mich selten darauf ein. Allerdings habe ich gemerkt, dass es mich ablenkt. Vor allem aber hatte ich gute Stimmung und sah die Tage danach alle Probleme und Sorgen viel positiver und lösbarer, was mich zu dem Schluss führt, dass ich es selbst in der Hand habe, wie schwer ich mir den Weg zum neuen Job mache. Die Ursache dafür ist Dopamin.
Hier eine kleine Kostprobe der Band: