Roland Löscher ist ein renommierter Experte für unternehmerische und persönliche Transformation, Bestsellerautor sowie Coach und Speaker. Seine Expertise im Umgang mit Krisen und Veränderungen hat ihm zahlreiche Auszeichnungen eingebracht. Löscher hat selbst schwere persönliche Verluste und berufliche Herausforderungen erlebt, darunter den Tod seiner Frau. Mit seiner Arbeit und seinen Büchern inspiriert er Unternehmen und Menschen, ihre Blockaden und Ängste zu überwinden und zu wachsen. Im Interview sprechen wir über sein neuestes Werk: „Scheiss auf die Krisen – Für ein gutes Leben in unsicheren Zeiten“, erschienen im Telemach Verlag.
Zum Buch: Scheiss auf die Krisen von Roland Löscher
In Ihrem neuesten Buch beschreiben Sie die zahlreichen Krisen, die unsere Zeit prägen. Welche dieser Krisen sehen Sie persönlich als die bedrohlichste für unsere Zukunft und warum?
Roland Löscher: Unsere Zeit ist geprägt von zahlreichen Krisen, die tiefgreifende Auswirkungen auf unsere Gesellschaft, Wirtschaft, Umwelt und unsere Beziehungen haben. Zu den wichtigsten gehören der Klimawandel, wirtschaftliche Instabilität, soziale Ungleichheit sowie politische und kriegerische Konflikte.
Eine besondere Herausforderung unserer Zeit besteht darin, dass wir diese Krisen durch die Digitalisierung und die allgegenwärtigen Medien verstärkt wahrnehmen, was wiederum psychische Auswirkungen in der Gesellschaft zeigt. Informationen verbreiten sich schneller als je zuvor, so dass wir gefühlt in einer Welt der ständigen Krisen leben. Diese gesteigerte Wahrnehmung kann sowohl zu einem Umdenken und innovativen Lösungen, als auch zu einer großen Unsicherheit führen. Viele Menschen leiden unter Letzterem, wie z. B. die deutliche Zunahme der psychischen Erkrankungen zeigt. Aber auch in den Unternehmen erlebe ich oftmals einen wenig nützlichen Umgang mit den Krisen. Statt das Unternehmen in allen Bereichen grundsätzlich resilienter aufzustellen, wird mehr reagiert, als aktiv und souverän mit einer Krise umzugehen.
Darüber hinaus sind die aktuellen Krisen systemisch miteinander verknüpft. Der Klimawandel verschärft soziale Ungleichheiten, führt zu wirtschaftlichen Verwerfungen und treibt politische Konflikte an. Und die Digitalisierung, insbesondere die Künstliche Intelligenz, bringt sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich. Daher gilt es, mit systemisch adäquaten Strategien und Tools das Unternehmen und die Menschen, die darin arbeiten, vorzubereiten und zu qualifizieren.
Fazit: Die größte Bedrohung sehe ich nicht in den Krisen selbst, sondern mit welcher inneren Haltung und welchen Maßnahmen wir darauf reagieren.
Sie sprechen von der »Scheikri-Heldenreise« als einem wichtigen Weg, innere Stabilität zu finden. Wie sind Sie auf diese Methode gekommen, und wie unterscheidet sich Ihr Ansatz von anderen Ansätzen zur Krisenbewältigung?
Roland Löscher: Für den Einzelnen gibt es kaum eine Chance, die globalen Entwicklungen zu verändern. Aber wenn das Leben im Großen nicht mehr funktioniert, dann gelingt es ja vielleicht im Kleinen. Wir müssen bei uns selbst anfangen.
Wie wäre es, wenn wir uns mehr um uns selbst, unsere Wünsche, Sehnsüchte, Ängste und wenn wir nicht nur eine To-do-Liste hätten, sondern auch eine To-be-Liste in unserer Toolbox zu finden wäre? Und wenn wir unsere Seins-Qualitäten höher bewerten würden, als unser Tun und das Haben wollen?
Wir könnten lernen, gelassener zu werden und gleichzeitig bewusster, aufmerksamer und empathischer. Wir würden immer wieder innehalten und in uns gehen, quasi ins Auge des Hurrikans, um Ruhe und Klarheit sowie Antworten und Lösungen zu finden. Und wenn der Krisen-Hurrikan da draußen wieder tobt, würden wir nicht auf der Panikwelle mitreiten, sondern auf der Möglich-Macher-Welle surfen und uns entspannt zurufen: „Scheiss auf die Krisen!“
Es gibt einen Ort, wo all das möglich ist. Und es gab ihn schon immer. Aber er ist vielen Menschen verloren gegangen. Wir müssen ihn wiederentdecken und Zugang zu ihm finden. Der Ort ist in uns. Der Weg dorthin ist eine Reise ins Unbekannte und für viele eine Heldenreise: Es ist die „Scheiss-auf-die-Krisen-Heldenreise“, oder in Kurzfassung die „Scheikri-Heldenreise“. Mein aktuelles Buch ist dafür quasi der Reiseführer, um sicher und zuverlässig an diesen Ort zu gelangen.
Sie geben in Ihrem Buch praktische Ratschläge, wie man Ängste überwinden kann. Gibt es einen speziellen Tipp, den Sie selbst in Ihrem Alltag am häufigsten anwenden, um mit Herausforderungen umzugehen?
Roland Löscher: Zunächst darf ich sagen, dass ich mich mit Ängsten persönlich bestens auskenne. Wie ich in meinem Buch auch schreibe, hatte ich als junger Mensch mit großen Ängsten und auch Panikattacken zu kämpfen. Dabei habe ich folgende wertvolle Erkenntnisse gewonnen:
- Man muss sich seiner Angst stellen. Sie verdrängen zu wollen oder zu versuchen davor zu flüchten, ist aussichtslos. Die Angst kommt zurück und wird nur noch stärker.
- Angst will verstanden werden. Ich habe die Erkenntnis gewonnen, dass jede Angst eine Ursache hat. Ich definiere sie als “vorgestellter Verlust”. Wer Angst verspürt, befürchtet, etwas in der Zukunft zu verlieren. Und das kann vielfältiger Natur sein: Geld, Arbeitsplatz, Anerkennung, PartnerIn, Sicherheit u.v.m. Es ist also zunächst nur eine mentale Vorstellung, welche überprüft werden kann.
- Hinterfrage die Angst und stelle dafür folgende Fragen: Was befürchte ich? Was könnte eintreten, was ich unbedingt vermeiden will? Wie wahrscheinlich ist es, dass dies eintritt? Habe ich so etwas Ähnliches bereits erlebt? Wie bin ich damals damit umgegangen? Was habe ich in meinem Leben schon alles gemeistert? Wie werde ich diese Herausforderung meistern und wer kann mir ggf. dabei helfen?
Angst ist daher kein unüberwindbares Hindernis, ein gewünschtes Ziel zu erreichen.
Zum Buch: Scheiss auf die Krisen von Roland Löscher
Ein zentrales Thema in Ihrem Buch ist die Selbsttreue. Wie würden Sie einem Menschen, der inmitten einer Krise steckt, erklären, wie er oder sie sich darin nicht selbst verliert?
Roland Löscher: Selbsttreue inmitten einer Krise ist eine große Herausforderung. In turbulenten Phasen, wenn die Welt unsicher erscheint, ist die Gefahr groß, sich selbst zu verlieren. Viele Menschen erleben aktuell genau das: Sie geben sich auf, verlieren ihre Werte und Ideale aus den Augen und landen in einem Zustand der Erschöpfung. In meiner Arbeit als Coach begegne ich vielen Unternehmern und Führungskräften, die in ihren Rollen bestens funktionieren, aber sich auf dem Weg zum Erfolg selbst, d. h. sich als Mensch und Persönlichkeit verloren haben. Um das zu verhindern, ist es wichtig, einen Ort der inneren Stabilität zu finden, der nicht von äußeren Umständen abhängt. Im Buch habe ich eine Reihe von praktischen Methoden und Strategien angeführt, die genau das ermöglichen.
Ein wichtiger Schritt, um sich selbst treu zu bleiben, ist die Akzeptanz der Unsicherheit. Die Welt war nie völlig stabil und wird nie wirklich stabil sein. Aber heute wirkt die Instabilität einfach viel spürbarer durch Medienkonsum und Co.
Statt gegen die Unsicherheit zu kämpfen, können wir lernen, sie zu akzeptieren, aber ohne ihr zu erliegen. Das bedeutet, den Wandel als Teil des Lebens zu akzeptieren und immer wieder in die eigene Mitte zu finden. Das nenne ich das “Scheiss-auf-die-Krisen-Prinzip”, oder kurz “Scheikri-Prinzip”. Es geht mir dabei nicht darum, sich aus den medialen Schreckensmeldungen zu verabschieden und keine Nachrichten mehr zu lesen oder zu hören. Sondern eine innere Haltung einnehmen zu können, die einen klar und gelassen sein lässt und die großen Stress vermeidet.
Wir müssen uns fragen: Was, wenn Krisen die neue Normalität sind? Wie können wir lernen, in dieser Realität nicht nur zu überleben, sondern zu wachsen? Selbsttreue bedeutet, sich immer wieder neu anzupassen, ohne den eigenen Kern zu verlieren. Ruhe finden, sich mit den eigenen Idealen und Werten verbinden und die Ungewissheit umarmen – das sind mögliche Schritte, um in einer Krise souverän und stabil bleiben zu können.
Sie betonen auch die Bedeutung von Gemeinschaft und Beziehungen. Wie können wir Ihrer Meinung nach in einer zunehmend individualistischen Gesellschaft unsere sozialen Netzwerke stärken, um besser mit Krisen umzugehen?
Roland Löscher: In einer zunehmend individualistischen Gesellschaft ist es wichtiger denn je, Gemeinschaft und Beziehungen zu pflegen, um in Krisen nicht alleine dazustehen. Das Gefühl von Sicherheit fehlt uns besonders in einer Welt, in der es ständig neue Herausforderungen gibt und die von großer Unsicherheit geprägt ist. Das ist ein großes Problem, denn wir Menschen brauchen dieses Gefühl von Sicherheit. Es ist eines unserer zentralen Grundbedürfnisse. Fehlt es, sind Menschen durchaus bereit, große Opfer zu bringen, um dieses Gefühl zu beseitigen. Wenn wir jedoch eine starke Gemeinschaft um uns haben, entsteht eine Form der inneren Sicherheit, die wir nicht allein durch materielle Dinge erreichen können.
Es geht darum, eine Kultur der Zugehörigkeit und Zusammenarbeit zu schaffen, in der die Menschen sich verstanden und gehört fühlen – privat als auch beruflich. Die Maslowsche Bedürfnispyramide zeigt uns auch heute, dass Sicherheit und Stabilität fundamentale menschliche Bedürfnisse sind, die übrigens über die individuelle Freiheit gestellt werden, die wir in der aktuellen politischen Situation erleben.
Wir müssen jedoch verstehen, dass echte Sicherheit nicht im Außen zu finden ist. Das ist eine Illusion, denn das Leben unterliegt dem ständigen Wandel. Was wir tun können, ist diese Sicherheit in uns selbst und in unseren Beziehungen zu finden. Nur dort finden wir die Sicherheit und Stabilität, die auch in der Krise trägt.
Unternehmen und Organisationen rate ich, eine gemeinsame unternehmerische Vision zu schaffen, die das „Warum“ beantwortet: Warum sind wir hier? Warum tun wir, was wir tun? Was würde der Welt, unseren Kunden, Lieferanten und den Mitarbeitenden fehlen, wenn es uns nicht gäbe? Eine gemeinsame Vision gibt den Menschen einen Sinn und ein Ziel, und schafft ein Gefühl der Zugehörigkeit. Wenn wir das Gefühl haben, Teil von etwas Größerem zu sein, stärkt das den Zusammenhalt, unser Selbstvertrauen und hilft, auch in unsicheren Zeiten mit Zuversicht und Vertrauen die Zukunft zu gestalten.
Zum Buch: Scheiss auf die Krisen von Roland Löscher
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