Coaches, Trainer und Mentoren begleiten mich schon seit dem Beginn meiner beruflichen Laufbahn. Die Wenigsten wissen es, doch ich bin nicht als Schriftsteller geboren. Von meiner Ausbildung komme ich aus dem Pädagogischen, beruflich sogar aus der Sozialpädagogischen, Richtung. Sowohl in meiner Arbeit als auch in meinem Studium kam ich mit tausenden unterschiedlichen Menschen in Berührung. Alle mit individuellen Zielen, Motiven und Bedürfnissen. Diese Fülle an Perspektiven sorgten über die Jahre hinweg auch zu einer Zerrissenheit meines eigenen, ursprünglich einigermaßen konsistenten Weltbildes. Bitte behalte das in Erinnerung.
Der kleine Michael in der großen Welt der Coaches
2014 wurde ich von einem bekannten Speaker, der mich mittlerweile auch ghostet, motiviert, ein eigenes Buch zu schreiben. Der Sympathie-Code wurde auch tatsächlich zu einem veritablen Erfolg. Mir wurde von einem sehr bekannten deutschen Speaker eingeredet, dass ich ebenfalls Speaker werden und großes Geld relativ einfach abgreifen könnte. Der Beginn war recht verheißungsvoll. Ich wurde gebucht, ich verdiente Geld, doch tief in mir drin wusste ich, dass es nicht meine Erfüllung war. Weil ich die Dinge nicht nur wegen dem Geld machte, sonst hätte ich wesentlich mehr davon, ließ ich von der Idee ab, mich den großen Bühnen der Speaker- und Coaches-Welt hinzugeben. Doch plötzlich stand ich ohne wirklichen Plan da. Hilfe und Orientierung war notwendig und zwar schnell.
Coaches, die Coaches coachen, um Coaching von Coaches zu pushen
Logischerweise suchte ich nach Menschen, die mir Hilfe bei der Orientierung bieten könnten. Der Coaching-Markt gibt reichlich Möglichkeiten dazu. Wie sucht man nun den richtigen Coach oder Mentor für sich aus? Nun, ich habe bei mir festgestellt, dass ich meine eigenen Schwächen sehr gern versuchte, über Menschen, die diese überkompensierten, selbst zu kompensieren. Nachdem ich mich also unsicher fühlte, suchte ich Coaches, die absolute Selbstsicherheit ausstrahlten, ja beinahe „a-emotional“ waren. Ich war fasziniert davon, so völlig vom eigenen Weg und von den eigenen Kompetenzen überzeugt zu sein. Das wollte ich auch. Natürlich hab ich auch geschaut, ob diese Leute fachlich etwas auf dem Kasten haben und was sie schon erreicht haben in ihrer Karriere. Also buchte ich, weil sie mir Hoffnung auf eine stabile Karriere und ein konsistentes Weltbild gaben.
Die Ernüchterung: Coaches sind keine Götter
Die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Coaches war durchaus fruchtbar. Ich konnte einige Dinge lernen, von denen ich auch jetzt noch zehre. Einige Erfolge stellten sich auch relativ schnell ein. Doch je mehr ich meinen eigenen Weg ging, desto mehr wichen mir meine Mentoren aus. Ich weiß nicht genau, womit dies zu tun hat, aber vielleicht war es Neid oder die Angst, selbst an Konsistenz der Weltwahrnehmung einzubüßen. Es gab auch vor 2020 schon genug Elemente, die für Polarität sorgten. Besonders spannend fand ich 2018 als die halbe Speaker- und Coachingwelt sich von einem Geschäftspartner abwandten. Sofort wurde ein Satz von ihm aus dem Kontext gerissen und auf mich übertragen. Kontaktschuld nennt man das wohl. Ich bezeichne solche Prozesse, die wir dann ab 2020 wieder erleben durften, absolute Unfähigkeit und Unwillen, Dinge in der Tiefe zu reflektieren. Ab diesem Punkt wird es für mich haarig, da ja gerade diese „Branche“ predigt, den eigenen Weg zu gehen, eine eigene Sicht der Dinge zu haben, etc. Wenn die Realität dies dann zeigt, sieht man das engstirnige Weltbild dieser angeblichen „Götter“. Zumindest von einem Großteil.
Viel Marketing und Verblendung
Kommen wir zurück zum Anfang meiner Ausführungen – mein Verlangen nach Konsistenz. Aufgeblähtes Marketing und Ego sorgen dafür, eine Schein-Konsistenz nach außen zu tragen. Darauf bin ich in meinen jüngeren Jahren angesprungen. Andere wiederum springen auf die Aussicht von Geld oder Ruhm oder was auch immer an. Was ich damit sagen will: Es hängt von unserer persönlichen Konstitution ab, auf welche Form von Mensch man anspringt. Ich war damals unsicher und unter Druck. Also hab ich Leute ausgewählt, die das Gegenteil von mir verkörperten. Dies führt früher oder später zu Konflikten. Diese sehe ich positiv, denn sie helfen beim eigenen Wachstum.
Ich möchte diese Kolumne auch gar nicht dazu nutzen, Coaches oder Mentoren schlechtzumachen, sondern zu sensibilisieren. Wir sollten uns selbst reflektieren, weshalb wir diese oder jene Person für das Coaching wählen. Nur aus psychischen Kompensationsgründen würde ich davon abraten. Aber das musst du für dich selbst entscheiden.
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