In letzter Zeit, vielleicht ist es auch etwas, das mit dem Zeitgeist zu tun hat, werde ich viel mit Themen der Angst konfrontiert in meinem Umfeld, aber auch bei mir selbst. Klar, du bist, womit du dich umgibst und was du konsumierst. In dieser Kolumne möchte ich gern ein wenig auf dieses Thema eingehen und zeigen, was Angst bei mir auslöst und wie ich konkret damit umgehe. Und ob die Angst vor der Angst wirklich so schlimm ist.
Die allesumgebende Angst – die Angst vor der Angst
Ich muss gestehen, ich liebe Verschwörungstheorien. Ich bin mir nicht sicher, wie viel Wahrheitsgehalt enthalten ist oder ab wann die Realität zur Verschwörungstheorie wird und umgekehrt, aber ich bin fasziniert davon. Leider hat das einen Nachteil: Meist geht es um böse Mächte, die Böses vorhaben. Es gibt keine Verschwörungstheorie, zumindest ist mir keine geläufig, die beispielsweise den Weltfrieden als Ziel hat. Oder dass niemand auf dem Planeten mehr hungern muss. Viel mehr geht es um Mächte, die die Welt aus niederen Trieben vernichten oder große Teile der Gesellschaft unterjochen wollen. Schade eigentlich. Mit solchen Theorien setze ich mich bereits seit circa 25 Jahren auseinander. Sie kreieren eine böse Aura. Sie bringen keine guten Gefühle. Insofern kann einem wirklich Angst und Bange werden, wenn es um Reptiloiden und Co. geht.
Existenzangst
Wir machen den Fernseher an – ich ganz selten – wir sehen Negatives. Wir schlagen die Zeitung auf – ich ganz selten – und wir lesen negative Nachrichten von Wirtschaftszusammenbrüchen, Pleiten und einem Niedergang des Abendlandes. Als selbständiger Vater von drei Kindern kann einem tatsächlich die Angst in Mark und Bein fahren bei solchen Umständen. Als Unternehmer gilt es, natürlich auch als normaler Mensch, der Zukunft optimistisch zu begegnen, sonst haben Handlungen der Gegenwart einen traurigen oder sinnlosen Impetus. In weiten Teilen Europas ist es ja sogar so, dass nicht mal Erfolg glücklich macht oder für Ansehen sorgt, sondern eher negativ beurteilt wird. Man könnte jemanden betrogen haben, jemand ausgebeutet oder schlimmer. Also welches „Schweinchen“ darf es sein? Die Erfolglosigkeit, die die Existenzangst bestätigt oder der Erfolg, der keinen Schutz vor Existenzangst bedeutet?
Negativität und Entscheidungsstärke
Als Selbständiger werde ich häufig konsultiert, um befragt zu werden, wie man denn nun am besten selbständig wird. Meine Antwort ist immer dieselbe: Kommt darauf an! Vor allem hab ich noch keinen Kausalzusammenhang zwischen Selbständigen/Unternehmern und einem bestimmten Ausmaß an Glück festgestellt. Oft ist sogar das Gegenteil der Fall. Viele Selbständige haben Angst, ihre finanzielle Situation nicht aufrecht zu erhalten. Auch bei den mich Fragenden ist eine zunehmende Skepsis in Bezug auf ihre Lebenssituation feststellbar. Nur mehr wenige trauen sich selbst zu, unternehmerisch erfolgreich zu sein. Der Unternehmergeist leidet unter der Angst oder besser gesagt unter der Angst vor der Angst. Auf jeden Fall sind fehlender Optimismus und fehlendes Selbstbewusstsein keine guten Grundlagen für gute Entscheidungen, die man im Unternehmertum einfach braucht, um langfristig erfolgreich zu sein.
Mike, hast du keine Angst?
Nun bin ich seit über 10 Jahren, oh mein Gott, es sind sogar schon bald 15 Jahre, selbständig. Und ich muss sagen, es gab wenige Tage, an denen ich keine Angst verspürte. Angst davor, zu versagen, Angst davor, Kunden zu verlieren oder zu wenige für mich zu gewinnen, Angst davor, die nächste Sozialversicherungsvorschreibung nicht begleichen zu können, Angst, mein Umfeld zu enttäuschen, etc. Die Gründe für Angst, gehen selten aus. Komisch. Die Gründe, angstfrei zu sein, sind weitaus rarer. Das hat auch alles nichts mit dem Kontostand zu tun. Das Gefühl ist eigentlich immer gleich. Egal, ob 10 Euro oder 10.000 Euro am Konto sind.
Was ich für mich gelernt habe in diesem Zusammenhang, sind mehrere Sachen:
- Es ist in Ordnung, Angst zu haben.
- Es ist nicht in Ordnung, sich von der Angst blockieren zu lassen.
- Die Angst kann ein mächtiger Antrieb sein und hat auch etwas mit Komfortzonenerweiterung zu tun.
- Ohne Angst können fatale Fehler passieren. Sorglosigkeit ist dein Feind.
- Das Reden über die eigenen Befürchtungen hilft in der Regel – auch das Schreiben, wie ich gerade merke.
- Mache die Angst zu deiner Verbündeten. Sie sollte dich dabei unterstützen, besser zu werden.
- Sorge für eine Balance zwischen Angst/Sorge und Zufriedenheit mit dir selbst.
- Gib eingebildeten Ängsten oder der Angst vor der Angst keine Chance – diese sind irrational und blockieren dich 100%ig.
- Versuch auch, Spaß zu haben auf der Reise, aber nicht kopf- und sorglos zu agieren.
- Sei wachsam und selbstreflektiert.
Noch schlimmer als die Angst wäre es für mich, meine Potenziale nicht ausgeschöpft zu haben oder Chancen nicht ergriffen zu haben, die sich mir bieten. Auch eine Form der Angst 😉 Auf meinem Grabstein soll stehen: „War für jeden Scheiß zu haben und hat alles, was er wollte, ausprobiert!“
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