Sie rauschen zur Tür herein, gestresst und angespannt, merklich unter Zeitdruck, die Erledigungen des Tages, beginnend mit dem Weg zur Arbeit, endlich anzugehen. Man sieht es ihnen an, dass Störungen oder Abweichungen im Alltag nicht erwünscht sind. Es folgen zwei, drei kurze Worte zum Kind, zur Pädagogin oder zum Pädagogen oder auch zu anderen Eltern. Schnell huscht der Blick auf die Uhr, um sicherzugehen, nicht zu viel Zeit zu verlieren.
Die Kinder werden ebenfalls selbst in dieser Hektik nervös und können oft nicht anders, als zu klammern und sich nicht von den Eltern zu lösen, da sie die Sicherheit dieser einfordern, um selbst loslassen zu können. Spätestens dann erkennt man, wie wichtig es ist, dass in den elementarpädagogischen Einrichtungen Pädagoginnen und Pädagogen mit wertvollen Eigenschaften arbeiten, um solche Situationen aufzulösen und den Kindern die Sicherheit und das Vertrauen zu schenken. Die Eltern sind dann meist schon weg, auf dem Weg zu ihren Verpflichtungen.
Die Eltern trifft keine Schuld
Damit wir uns nicht missverstehen: Ich möchte hier in keiner Weise behaupten, dass die Eltern schlechte Eltern wären. Ich bemerkte es selbst an mir mit dem eigenen Kind, dass man vom Job getrieben wurde. Wir leben in einer Welt, wo es wichtig ist, die Wirtschaft am Laufen zu halten. Die Volkswirtschaften verlangen in unserem Wirtschaftssystem, das auf grenzenloses Wachstum ausgelegt ist, nach immer mehr Arbeitskräften, die Leistung bringen, die Produktivität steigern und mehr zum System beitragen sollen.
Wenn hier jemand auf die Idee kommt, er wolle die Zeit anders nutzen, zum Beispiel den eigenen Nachwuchs die ersten paar Jahre zu betreuen, dann weht ihm äußerste Geringschätzung entgegen, im besten Falle werden diese Menschen nur belächelt. Ungeachtet davon, ob es finanziell für die Betroffenen leistbar ist oder nicht, oder ob man mit der freien Zeit etwas Sinnvolles (was ebenfalls für jeden Menschen etwas anderes bedeuten kann) anfängt, möchte ich auf diese Geringschätzung eingehen.
Man beißt nicht die Hand, die einen füttert
Ich begebe mich hier vielleicht auf dünnes Eis, aber es ist mir wichtig, diesen Umstand in Worte zu fassen. Derzeit wird von staatlicher Seite gefordert, die Teilzeitquoten zu senken oder etwas gegen Geringfügigkeiten zu unternehmen. Wie aber, frage ich mich, stellen sie sich das vor? Sollen die Kinder mit in die Arbeit genommen werden? Sollen Pflegebedürftige während der Homeoffice-Stunden betreut werden?
Dafür braucht es Betreuung und zwar richtige, professionelle Betreuung. Ich spreche jetzt nur vom Standpunkt meines zukünftigen Jobs als Elementarpädagoge: Die Kinder sind für die Eltern die wertvollste Ressource, der wertvollste Schatz. Und sie verlangen völlig selbstverständlich, dass wir als Pädagoginnen und Pädagogen ihre Kinder genauso behandeln! Und die Eltern erwarten zu Recht, dass sie, wenn sie in diesem System funktionieren müssen, auch die Infrastruktur und Ressourcen dafür bekommen. Wenn man die Wartelisten für Kinderbetreuungsplätze betrachtet, dann fragt man sich zurecht, ob die Verantwortlichen im System hier alles zu Ende gedacht haben.
Her mit der Wertschätzung
Mir ist bewusst, dass es keine schnellen Lösungen dafür gibt, schließlich kostet das alles Geld, das natürlich erwirtschaftet werden muss. Das Themenfeld ist komplex, aber ich möchte zumindest einen Startimpuls für Diskussionen geben. Wie wäre es, wenn man damit anfängt, diverse Berufsgruppen neu wertzuschätzen. Es ist löblich, ein Multimilliarden-Euro-Unternehmen zu führen, nur der gesellschaftliche Beitrag ist bei den meisten ziemlich gering. Wie wäre es damit: Wenn diese Unternehmen weiterhin so erfolgreich sein wollen und auf die Ressource Eltern zurückgreifen möchten, müssen sie einen Teil ihres Erfolges in Grundlagen investieren! In bessere Gehälter, die nötige Infrastruktur oder mehr Betreuungsplätze.
Blick über den Tellerrand
Ich möchte hier eine Lanze für andere Berufsgruppen brechen, die ebenfalls deutlich geringgeschätzt werden. Diese möchte ich unter den Begriff Sozialberufe zusammenfassen. Ohne diese Berufsgruppen würde einiges bereits stillstehen, wenn sie nicht mit persönlichem Engagement bei der Sache wären. Die Wertschätzung der Gesellschaft ist sicherlich nicht ihr Motivator.
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