Mit der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV), verabschiedet am 15.06.2022, stellt der deutsche Gesetzgeber die Weichen für ein einfacheres Miteinander. Ab dem 28. Juni 2025 sieht die Verordnung einen weiteren Abbau von Barrieren in einer Vielzahl von Lebensbereichen vor. Die Förderung einer besseren gesellschaftlichen Teilhabe nimmt Unternehmen, Behörden und Dienstleister in die Pflicht, EU-konforme, einheitliche Standards auf Produkte und angebotene Dienstleistungen anzuwenden und zugunsten einer inklusiven Gesellschaft umzusetzen.
In aller Kürze: Was ist das BFSG?
Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist ein Katalog von Richtlinien, der die Zugänglichkeit von Produkten wie Websites und Dienstleistungen in der Bundesrepublik Deutschland definiert. Ziel ist die Ausweitung der Barrierefreiheit auf dem wirtschaftlichen Sektor. Damit betrifft das Gesetz nicht nur Produkte, die an Endverbraucher adressiert sind, sondern auch Dienstleistungen und das Angebot auf dem Arbeitsmarkt. Eine Entsprechung auf internationaler Ebene hat das BFSG mit dem sogenannten European Accessibility Act (EAA). Dieser gilt als Prototyp und Taktgeber der BFSG.
Ein Rückblick: Entwicklungen bis zum 28. Juni 2025
Das BFSG geht auf die EU-Richtlinie (EU) 2019/882 zurück. Besser bekannt als EAA, legt dieser Katalog fest, welche Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen gelten. Die Richtlinie wurde 2019 verabschiedet und gilt verpflichtend für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Entsprechende nationale Gesetze zu verabschieden, ist damit für jedes EU-Land obligatorisch. In Deutschland geschah dies bereits im Jahr 2021.
Unternehmen und Behörden konnten seit dem Jahr 2021 auf eine Umsetzung des neuen Regelwerkes hinarbeiten. Mit Schulungen sowie Informationskampagnen und Leitfäden wurde den Akteuren eine Handreiche geboten, der Umsetzung nachzukommen. Der 28. Juni 2025 gilt als Stichtag und Meilenstein für eine zugängliche und inklusivere Gesellschaft.
Wer profitiert von den Neuerungen?
Das Anliegen des BFSG ist die Inklusion von Menschen mit Behinderungen durch die Senkung von Nutzungshürden. Barrierefreie Produkte und Dienstleistungen werden in einer Art angeboten, dass Menschen mit eingeschränkter körperlicher, psychischer oder geistiger Leistungsfähigkeit leichter am gesellschaftlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben teilhaben können. Auch ältere Menschen, Personen mit vorübergehenden Beeinträchtigungen oder Eltern mit Kinderwagen können von der angestrebten verbesserten Zugänglichkeit profitieren.
Was genau wird sich ändern?
Das Inkrafttreten des BFSG sieht Veränderungen mit spürbar positiver Wirkung vor. Produkte wie Geldautomaten, Zahlungsterminals oder Fahrkartenautomaten müssen künftig so konzipiert sein, dass sie von allen Menschen mit einer Beeinträchtigung genutzt werden können. Dienstleistungen, darunter zum Beispiel der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV), Bankdienstleistungen sowie elektronische Kommunikationsdienste sollen ebenfalls durch den Abbau von Nutzungshürden an Zugänglichkeit gewinnen.
Besonders im Fokus steht digitale Barrierefreiheit, die ein zentraler Punkt des Gesetzes ist und Websites sowie Apps betrifft. Internetseiten und mobile Anwendungen von Unternehmen und Behörden sollen allen Verbrauchern die gleiche Zugänglichkeit gewähren. Dies beinhaltet die Bereitstellung von Alternativtexten, die Nutzung leicht verständlicher Sprache und die Kompatibilität mit Screenreadern.
Wer wird in die Pflicht genommen?
Die Verordnung des BFSG richtet sich an Unternehmen wie auch an öffentliche Einrichtungen und Dienstleister, die Produkte und Dienstleistungen anbieten, die von der Richtlinie erfasst werden. Dazu zählen unter anderem auch Banken, Verkehrsbetriebe, Telekommunikationsanbieter und Online-Händler. Die Behörden sind ab dem 28. Juni 2025 verpflichtet, digitale Dienstleistungen barrierefrei anzubieten und sicherzustellen, dass ihre Plattformen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
Was werden merkbare Veränderungen sein?
Spürbare Veränderungen im Rahmen des BFSG sollten nicht erst zum Stichtag spürbar sein, sondern haben sich bereits seit der Verabschiedung der Verordnung zum BFSG im Alltag etabliert. Dennoch werden auch bis zum genannten Fristende laufend Veränderungen zu den bereits bestehenden Anpassungen vorgenommen. Fahrkartenautomaten und Geldautomaten werden derart gestaltet, dass sie von Menschen mit Seh- oder Hörbeeinträchtigungen leichter genutzt werden können. Webseiten und Apps, etwa für das Online-Banking oder das Buchen von Reisen, werden durch optionale Versionen in einfacher Sprache zugänglicher und damit einer größeren Nutzergruppe offenstehen.
Warum sind diese Veränderungen gut?
Mit der Frist zur Umsetzung des BFSG ist ein wichtiger Schritt hin zu einer inklusiven Gesellschaft getan. Es fördert die Gleichstellung und unterstützt Menschen mit Beeinträchtigungen dabei, ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Darüber hinaus drängt das Gesetz auf einen wirtschaftlichen Wandel, nach dem die Barrierefreiheit als Qualitätsmerkmal wahrgenommen und Wettbewerbsvorteil betrachtet wird.
Nicht zuletzt leistet das BFSG einen wichtigen Beitrag zur Sensibilisierung unserer Gesellschaft. Es zeigt auf, wie unwegsam der Alltag bislang für viele Menschen gewesen ist. Sichtbar wird, dass es notwendig und sinnvoll ist, auch nach dem Stichtag an einem weiteren Abbau von Barrieren festzuhalten. Ein Miteinander mit niedrigschwelligen Angeboten trägt außerdem dazu bei, bestehende Vorurteile und Berührungsängste abzubauen.
Für die breite Öffentlichkeit wird sich die Wahrnehmung von Barrierefreiheit ändern. Als untrennbar mit dem Alltag verbundene Qualität wird sie als ein selbstverständlicher Bestandteil von Produkten, Dienstleistungen und öffentlichen Angeboten verstanden werden.
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