Am 1. Oktober 2024 übergab Paul Gauselmann offiziell seinen Posten. Nach über sechs Jahrzehnten an der Spitze zieht sich der Gründer und langjährige Vorstandsvorsitzende der Merkur Group aus der operativen Führung zurück und überlässt die Leitung dem Finanzexperten Lars Felderhoff. Der 48-jährige Felderhoff war seit 2000 mit kurzer Unterbrechung Teil der Gauselmann Gruppe und seit 2018 Finanz- und Organisationsleiter. Er übernimmt zukünftig die Verantwortung in einer Phase strategischer Veränderungen für das Unternehmen.
Gleichzeitig übernimmt Paul Gauselmanns ältester Sohn Michael den Vorsitz des Aufsichtsrates und der Gauselmann-Familienstiftung. Die Stiftung ist alleiniger Gesellschafter der Unternehmensgruppe und gewährleistet durch ihre Struktur den Verbleib der Firma am Heimatstandort in Espelkamp in Ostwestfalen sowie die Wahrung der Unabhängigkeit.
Doch wer ist Paul Gauselmann, und wie verlief sein spannender Karriereweg? Diesen Fragen widmen wir uns im nachfolgenden Artikel.
Von der Lehre zur Idee eines eigenen Unternehmens
Während der Führungswechsel bei Paul Gauselmann das Ende einer langen Karriere markierte, begann diese ganz bescheiden. Der Unternehmer Paul Gauselmann wurde am 26. August 1934 in Münster geboren und wuchs in einfachen Verhältnissen auf. Seine berufliche Laufbahn begann er zunächst mit einer Lehre als Fernmelderevisor, einem Berufsfeld, das ihn bereits früh mit technischen und mechanischen Aspekten vertraut machte. Die Idee, eine eigene Firma im Bereich Spielautomaten zu gründen, entstand während dieser Zeit und begleitete ihn über Jahre hinweg.
In den späten 1950er-Jahren begann Gauselmann in seiner Freizeit erste Schritte als Automatenaufsteller. Er erkannte schnell das Potenzial des aufkommenden Marktes für Unterhaltungselektronik. Gauselmann vermietete zunächst Musikboxen in Gaststätten, ein Geschäft, das bald florierte und ihm ermöglichte, 1957 sein erstes Unternehmen zu gründen. Dieser Schritt legte den Grundstein für eine rasch expandierende Geschäftsidee, die später in der Gauselmann Gruppe mündete.
Gauselmann Gruppe und die Marke Merkur
In den 1970er-Jahren nahm die Karriere von Gauselmann durch die Gründung der Gauselmann Gruppe an Fahrt auf. Gauselmann begann, eigene Spielautomaten zu entwickeln und zu produzieren, um sich vom reinen Aufsteller von Geräten zu einem vollwertigen Hersteller zu wandeln. Dies trieb die Unternehmensentwicklung entscheidend voran. Die erste eigene Marke, „Merkur“, wurde geboren und entwickelte sich bald zum Aushängeschild der Firma. Der „Merkur-Sonne“-Spielautomat prägte die Branche und machte die Marke im In- und Ausland bekannt.
In dieser Zeit gründete der Unternehmer auch die ersten eigenen Merkur-Spielhallen, die den Namen und die Produkte von Merkur einem breiten Publikum zugänglich machten. Gleichzeitig hielt Gauselmann an seiner Philosophie fest, die Spieleentwicklung und das operative Geschäft stets unter einem Dach zu vereinen. So gelang es ihm, die Gauselmann Gruppe auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten stabil und wachstumsstark zu halten.
Zugleich hat Gauselmann immer Wert auf gute Arbeitsbedingungen gelegt und dafür gesorgt, dass sich die Mitarbeiter des Unternehmens wohl fühlen – sei es durch attraktive Gehälter, Fortbildungen und vielseitige Teambuilding-Maßnahmen. So wollte er sicherstellen, dass sich die Mitarbeiter mit dem Unternehmen noch mehr identifizieren und stolz darauf sind, zur Unternehmensgruppe zu gehören.
Internationale Expansion und Online-Markt
Mit dem Wachstum der Gauselmann Gruppe erfolgte in den 1990er-Jahren die Expansion ins Ausland. Die zunehmende Regulierung des Glücksspielmarktes in Deutschland stellte eine Herausforderung dar, die Gauselmann mit einer Diversifizierung der Unternehmensaktivitäten bewältigte. Das Unternehmen nutzte Marktchancen im Ausland und baute sein Geschäft in Europa aus, wobei der Fokus in den letzten Jahren insbesondere auf Osteuropa lag.
Parallel dazu erkannte Gauselmann früh die Bedeutung des Online-Marktes. Die Umbenennung des Unternehmens in „Merkur.com“ 2023 signalisierte die verstärkte Hinwendung zum digitalen Glücksspiel. Diese Umbenennung zielte nicht nur darauf ab, die Marktbekanntheit der Marke „Merkur“ zu stärken, sondern spiegelte auch die zunehmende Bedeutung des Online-Sektors wider. Merkur.com erwirtschaftet heute mehr als die Hälfte seines Umsatzes im Ausland.
Gauselmann-Familienstiftung und Unternehmenswerte
Um den Fortbestand des Unternehmens in der Region zu sichern, überführte Paul Gauselmann die Geschäftsanteile in die Gauselmann-Familienstiftung. Diese Struktur gibt der Familie eine klare Rolle in der Unternehmensführung und verhindert eine Zersplitterung der Anteile. Die Familien der vier Söhne Gauselmanns haben dabei jeweils ein einfaches Stimmrecht, während Paul Gauselmann selbst ein doppeltes Stimmrecht innehat.
Michael Gauselmann, der älteste Sohn, tritt nun die Nachfolge im Aufsichtsrat an und wird sich um die strategische Kontrolle der Unternehmensgruppe kümmern. Die Familienstiftung stellt sicher, dass die Unternehmenswerte und -traditionen auch nach Paul Gauselmanns Rückzug erhalten bleiben.
Privates Engagement und Philanthropie
Neben seinem unternehmerischen Wirken engagierte sich Paul Gauselmann auch privat stark. Er unterstützte zahlreiche soziale Projekte und investierte in die kulturelle Förderung der Region Ostwestfalen. Er förderte unter anderem den Sport und die Bildung und unterstützte verschiedene Initiativen, die den Zusammenhalt in der Gesellschaft stärken sollten.
Seine philanthropische Arbeit ist Ausdruck seiner tiefen Verbundenheit mit der Region, die ihm als Unternehmer den Weg bereitet hat. Gauselmann ist selbst ein passionierter Sportfreund und setzte sich über die Jahre hinweg für den Ausbau regionaler Sportvereine ein, um Talente zu unterstützen.
Rückblick und Vermächtnis
Paul Gauselmann hinterlässt ein Unternehmen, das sich über Jahrzehnte hinweg zu einem Marktführer in der deutschen und europäischen Glücksspielbranche entwickelt hat. Seine Fähigkeit, frühzeitig Trends zu erkennen und auf Marktveränderungen zu reagieren, verhalf der Merkur Group zu einer herausragenden Position.
Er schuf nicht nur eine bekannte Marke, sondern baute auch eine Unternehmenskultur auf, die auf Verantwortung und Nachhaltigkeit setzt. Das Unternehmen bleibt seiner Heimat in Espelkamp verbunden und setzt auf internationale Märkte.
Mit dem Rücktritt und der Übergabe an Lars Felderhoff geht eine Ära zu Ende, die durch Kontinuität, Weitsicht und unternehmerische Schaffenskraft geprägt war. Gauselmanns Nachfolger übernimmt ein gefestigtes und profitables Unternehmen, das sich auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereiten kann. Die Familienstiftung gewährleistet dabei die Kontinuität und Stabilität der Unternehmensführung.
Ausblick für die Merkur Group
Die Merkur Group wird unter Lars Felderhoff den Ausbau ihrer internationalen Aktivitäten fortsetzen und die Möglichkeiten im Bereich des Online-Glücksspiels weiter ausloten. Felderhoff verfügt über langjährige Erfahrung im Unternehmen und kennt die spezifischen Herausforderungen der Branche.
Er übernimmt die Führung in einer Zeit, in der das Unternehmen seine Rolle im europäischen Markt neu definiert und neue Märkte erschließt. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie erfolgreich die Merkur Group ihre strategische Ausrichtung im internationalen Wettbewerb behaupten kann.