Ich freue mich, einen Künstler vorzustellen, mit dem ich bereits seit 2018 in engem Austausch bin. Mein halbes Haus ist mit seinen Bildern ausgestattet, und ich kann mich nicht sattsehen – selbst nach Jahren nicht.
Es geht um den deutschen Künstler Fatih Alasalvaroglu, dessen Schaffen mit von Anfang an faszinierte. Vor allem die Art und Weise wie er seine Bilder zu Papier bringt. Eines dieser Videos, wo er ein Werk vor seiner Brust haltend zeichnete, hat mich damals auf ihn aufmerksam gemacht. Ich freue mich nun endlich, ihm eine würdige Bühne zu liefern für seine Gedanken und sein Schaffen.
Sie leben den Traum eines jeden Künstlers, weil Sie es geschafft haben, von Ihrer Kunst bzw. vom Verkauf Ihrer Kunst zu leben. Wie haben Sie das geschafft?
Fatih Alasalvaroglu: Es liegt immer im Auge des Betrachters, wann und ob man etwas geschafft hat. Ich für mich kann nur sagen, dass ich hoffentlich nie damit fertig bin. Zumal die Kunst davon lebt. Sie ist ein Prozess.
Ähnlich wie der Alterungsprozess, ist sie auch im steten Wandel des Künstlers und seiner Ambitionen, wie seine Fertigkeiten. Aber wenn wir davon sprechen, dass ich davon lebe, mir damit mein Leben finanziere, so glaube ich, dass mein Mut zum Risiko und die Lust, Leidenschaft, der endlose Drang, Dinge zu kreieren mir definitiv dabei geholfen hat, mir so eine Sichtbarkeit verlieh, die wohl andere faszinierte und dazu motivierte, Kunst von mir zu kaufen. Denn Kunst zu kaufen ist auch ein bisschen wie “Leben kaufen”. Echte Liebe, die aus Händen gewachsen ist und nicht aus einer Maschine. Meine Motivation ist immer zuerst die Lust. Wenn diese auf andere ansteckend wirkt, so steht es diesen zu, sie einzukaufen. Denn meine Freude an der Lust ist bereits mit der Arbeit selbst und ihrer Fertigstellung beendet.
Welchen Tipp würden Sie angehenden Künstlern an die Hand geben, die irgendwann einmal von ihrer eigenen Kunst leben möchten?
Fatih Alasalvaroglu: Sei immer Du selbst! Lebe Deine Visionen und Deinen Traum von Deiner Arbeit und versuche nie externen Standards von Geschmäckern und irgendeinem Trend nachzueifern. Künstler werden dafür geliebt, weil sie darin mutig sind, sich gängigen Pfaden des Lustwandelns der Menschenzunft entgegenzustellen – und andere Wege zu gehen. Wer dafür kein Gefühl, noch keine Stimme entwickelt hat – ist in seiner Reife vielleicht auch noch nicht so weit.
Dann ist es besser, an sich zu arbeiten als an irgendeinem Bild von sich und/oder z.B. auf einer Leinwand. Die wahre Kunst entsteht zuerst im Selbst, in der Persönlichkeit. Versteht dieser den Gefühlsreigen der inneren Lebens- und Erlebniswelten wie eine musikalische Klaviatur, so wird ihr es auch spielerisch gelingen, diese mit allen erdenklichen Mitteln der Kunst umzusetzen!
Könnten Sie uns etwas über Ihren künstlerischen Werdegang erzählen? Was hat Sie zur Kunst gebracht?
Fatih Alasalvaroglu: Im Grunde genommen Alles. Es ist und war für mich wie ein unausweichlicher Weg, an dessen Ende das Wort Kunst als Berufung und Bestimmung für mich stand. Denn seit meiner Kindheit wusste ich nichts lieber in meiner Freizeit zu tun, als mich mit Farben und Formen auf Blättern und sonstigen Hintergründen zu beschäftigen. Meine Mutter sagte mir einst, dass es wirklich einfach war, mich als Kind glücklich zu stimmen. Denn alles, was ich meine Eltern kostete, waren reichlich Farben in Form von diversen Stiften, Farbkästen und Zeichenblöcken. Viel mehr habe ich nie gebraucht. Dann war es ruhig im Kinderzimmer. Und das ist bis heute so. Kunst macht mich vollkommen. Sie ist die logische Konsequenz meines Wesens und damit auch meine Berufung.
Welche Rolle spielt Ihr aktueller Wohnort in Belgien und in Ihrer Kunst und weshalb haben Sie Deutschland verlassen?
Fatih Alasalvaroglu: Ich versuche mich hier kurz zu fassen. Meine Person tut sich schwer darin, sich Dinge befehlen zu lassen und die Welt durch ein kaputtes Kaleidoskop zu betrachten, dass statt der jederzeit und allerorts hochgepriesenen Vielfalt nur noch ein Gut gegen Böse und Schwarz und Weiß kennt. Das ist nicht meine Welt. Dies hat Entfremdung in mir hervorgerufen. Und dann warum nicht gleich den Sprung in das mir absolut Fremde und damit Neue wagen? Solange mir solche Veränderungen noch möglich sind, gehe ich sie an. Nichts ist schlimmer als von Dingen nur zu träumen, als sie anzugehen. Einen Versuch ist so ziemlich alles wert und immer besser als irgendwann zu bereuen, dass man nicht gewagt hat, was man einst wollte!
Ihre künstlerische Technik verblüfft viele Ihrer Fans. Könnten Sie uns mehr darüber erzählen und wie Sie diese Technik entwickelt haben?
Fatih Alasalvaroglu: Das klingt so, als wenn ich mich irgendwann mit der Absicht einer Technik hingesetzt und sich erst hieraus dann mein Stil entwickelt hat?! Es ist vielmehr so, dass ich wirklich immer schon Linien spannend fand. Sie sind für den versierten Künstler der unmittelbarste Weg seine Vision auf einen Hintergrund festzuhalten, weit vor diese (bei Bedarf) mit Licht und Schatten und/oder reichlichen Farben zu ergänzen. Die Linien sind für mich sowas wie unsichtbare, spannende Grenzen zwischen der einen Materie zur Anderen – Formverleiher und wahrer Filter von allem Licht und Schatten. Sie stellen dar, was ist. Ohne Effekthascherei. Klar und präzise im Ausdruck. Etwas, das uns dieser Zeit leider zusehends abhandengekommen ist.
Dinge so und als das zu betrachten und bezeichnen, was sie zuerst sind. Das ist das Fundament für alle Fantasiegebilde und die Geburtsstätte jeder späteren Abnabelung des Künstlers. Ohne diese Heimat im Herzen und diesen Anker zur Realität gehen ihm irgendwann die Kräfte aus, die er braucht. Sie, der Mittelpunkt und Muttermund aus dem jede Linie, alles Leben, wie eine Aussage erst gedeihen und wachsen kann. Immer mit Bewusstsein. In jede Richtung. Bis zum letzten Strich!
Wie hat sich Ihr Stil im Laufe der Jahre verändert, und welche Faktoren haben diesen Wandel beeinflusst?
Fatih Alasalvaroglu: Die Linien fließen heute versierter, weil sie einem geschärfteren Blick meines inneren Auges zu folgen wissen und dem aus reichlicher Expertise heraus auch vertrauen! Da gibt es heute seltener ein Absetzen und Überlegen, wie ein Weiter das Gesamtbild bereichern könnte. Mittlerweile ist das Selbstvertrauen in mein Können die Bereicherung, die das Bild in seiner Gesamtheit bis zur Vollendung trägt. Adäquat wirken meine Bilder heute wesentlich ausgereifter als Gesamtgefüge, weil ihre Strukturen direkt und frei, ohne Angst entstehen.
Sie sind so wie ich, der Selbstrechtfertigung müde und “leben”. Heute farbenfroher als noch zu Beginn meiner Reise. Dann ist die Farbe Bereicherung meines Minimalismus, nicht weil dieser nicht alleine bereits Betrachter meiner Arbeiten berührt und faszinieren kann. Mehr, weil ich ihm so Gegengewichte in Blick- und Sichtfeld des Gesamtgefüges hineinlege, die das Bild in seiner Aussage erstarken. Das Bild bzw. Kunstwerk ist immer Hauptakteur in meinem Fokus. Erst die Vollendung seiner mir erscheinenden Aussagekraft motiviert mich dann erst, es mit meiner Signatur zu finalisieren.
Gibt es bestimmte Themen oder Motive, die Sie immer wieder in Ihrer Arbeit ansprechen?
Fatih Alasalvaroglu: Es ist und bleibt der Mensch – in all seiner psychischen und physischen Komplexität. Er ist im Vergleich zu allen anderen Lebewesen auf Erden, der mit der Natur am uneinsten. Wir suchen stets Außerirdische im Weltall oder in unbekannten Flugobjekten. Was aber, wenn wir selbst die Außerirdischen sind, die einst aus uns unbekannten Beweggründen heraus auf dieses Wunder Erde gefallen sind, um so über uns und unsren uns oft selbst auferlegten Grenzen und Linien aus Vorschriften der Möglichkeiten hinauszuwachsen? Du merkst, meine Arbeit ist auch motiviert durch und von der ewigen Sinnsuche unserer Existenz. Meine Linien folgen diesen inneren Fragestellungen wie ein Seismograph – mit Verbindung zur höheren (Selbst-) Liebe. Nur sie und aus ihr kann Frieden erwachsen. Alles andere ist und bleibt mir ein dieser Erkenntnis unzuträglicher Nebelschleier.
Wie gehen Sie mit kreativen Blockaden um und was inspiriert Sie am meisten in Ihrer Arbeit?
Fatih Alasalvaroglu: Wenn ich ehrlich bin, so hilft in diesen Phasen das Nichtstun und sich nicht zu irgendwas forcieren und/oder irgendwas müssen. Denn sobald sich dieses ungute Gefühl überhaupt in Dein Schaffen einschleicht, ist das Ende seines Flusses aus der Lust gar nicht so weit entfernt. Je mehr man dies ignoriert, umso gewaltiger weiß dieser falsche Umgang dann auch Dich zu packen. Ob mit Frust, Formen einer Depression und/oder Trauer. Nur das mit sich und seinen Kräften völlig im Reinen sein und auch so zu handeln, kann Blockaden ausradieren, weil man sie nicht als Feind, mehr als Freund wahrnehmen sollte, der einen nur zu mehr Ruhe anhält. Und aus der Ruhe wächst doch die Kraft? Deswegen auch hier: Umdenken. Wie in Vielem. Wirkt!
Haben Sie bestimmte Künstler oder Kunstrichtungen, die Sie besonders beeinflusst haben?
Fatih Alasalvaroglu: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mich die künstlerischen Fertigkeiten großer Meister der Zunft von Picasso, Van Gogh, Dali, Da Vinci und mehr in meiner Entwicklung völlig unbeeindruckt belassen haben. Aber ja, ich habe früh verstanden, dass ich nichts nachahmen will, was es bereits gibt. Und jede Nachahmung mich als Künstler zutiefst unzufrieden machen würde. Mich interessieren weder meine “Konkurrenten” auf dem Markt, noch ihre persönlichen Reisen. Denn jeder ist seines Weges eigener Meister und Gestalter. Und ich will, nein muss, um meinen individuellen Weg als Künstler zu finden, primär auf meine Stimme und Visionen achten. Sie führen mich eher zu meiner Essenz, dem Kern meines Herzens direkter Kunst und Sprache, als jeder andere. Zumal ich keine Konkurrenz kenne. Jeder tut das für sich Beste. Ich folge meinem Herzen und das ist bereits sehr viel. In einer Welt, die nur noch folgt, statt nur kurz zu reflektieren – und hieraus das Herz sprechen zu lassen: Wahre Rarität!
Welche Projekte oder Ausstellungen stehen für Sie in der Zukunft an, und worauf freuen Sie sich am meisten?
Fatih Alasalvaroglu: Ich sage nur: 2025. Das reicht. Lass Dich überraschen!
Herzlichen Dank für das Interview! Hier geht es zur Homepage von Fatih Alasalvaroglu: